Kommentar zur existenziellen Krise Europas und den Spannungen in Deutschland
Wohl selten wurde das Schicksal Europas so drastisch beschrieben wie am Wochenende: „Epochenbruch“ hieß es im „ZDF“, „Weltbeben“ in der ARD. Ein als historisch bezeichnetes Wortgefecht zwischen US-Präsident Trump und seinem ukrainischen Kollegen Selenskyj offenbarte, dass sich die Welt neu sortiert hat. Seit dem Amtsantritt Trumps befürchtet ein schwaches Europa, dass sich der Autokrat Putin, der chinesische Alleinherrscher Xi Jinping und der als Geschäftsmann agierende US-Präsident die Welt aufzuteilen versuchen.
Den USA – einst bewundert als größte christliche Nation – wird vorgeworfen, sich wie eine Kolonialmacht zu benehmen. Trump suche die Freundschaft mit dem Kriegsverbrecher Putin. Den (jüdischen) mutigen Demokraten Selenskyj aber schmeiße er (so BILD) aus dem Weißen Haus, nur weil er die Situation in seiner Heimat und die Rolle Putins anders beurteilt habe.
Die Politik Trumps macht vielen Angst
Wie auch immer man den Eklat beurteilt: Nicht nur in Europa macht vielen die Politik Trumps Angst. Konservative Christen loben ihn, weil er im Gegensatz zu seinem Vorgänger für das Lebensrecht ungeborener Kinder eintritt. So erfreulich das ist, so sorgen doch allein schon zahlreiche seiner sozialen Maßnahmen dafür, dass die starken USA beim Einsatz für Schwache, Arme, Menschenrechte und Millionen verfolgter Christen weithin ausfallen. Werden sich Kirchen und Christen dieser Herausforderung annehmen?
Die „Guten“ und die „Nazis“
Zur existenziellen Krise Europas kommen die Spannungen in Deutschland, die besonders das Ergebnis der Bundestagswahl offenbarte. Zu Recht hatte zuvor US-Vizepräsident Vance fehlende Meinungsfreiheit beklagt. Wenn fast jeder zweite Deutsche meint, nicht mehr offen reden zu können, darf man sich über den Siegeszug populistischer Parteien nicht wundern.
Durch unser Land geht ein fataler Riss zwischen den vermeintlich „Guten“ und den angeblichen „Nazis“. Auf diese Weise wird das nationalsozialistische Terrorregime massiv verharmlost. Dazu haben auch die großen Kirchen beigetragen. Selbst meist links-grün positioniert, warnen sie undifferenziert nur vor der rechten AfD. Kein Wort gibt es dagegen zu den propalästinensischen Parolen in der sozialistischen Linken. Die EKD unterstützt sogar offiziell die antichristliche grüne Forderung, dass Geschöpfe Gottes „rechtmäßig“ im Mutterleib getötet werden dürfen.
Alle Seiten zusammenführen
Aufgabe der Kirchen wäre es stattdessen, in unserem zerrissenen Volk alle Seiten zusammenzuführen, so wie es Ende 1989 durch die „Runden Tische“ während der Friedlichen Revolution in der DDR geschah. Nur so gelang die deutsche Einheit. Der „Herr der Kirche“ hat es vorgemacht: Jesus setzte sich mit dem verhassten Zöllner zusammen, sprach mit einer Prostituierten ebenso wie mit einer Ehebrecherin.
Auch politisch Andersdenkende sind Geschöpfe Gottes. Ob sie auch Kinder Gottes sind, erweist sich dann darin, ob sie sich an Christus orientieren. Das aber gilt für alle. Doch so notwendig Appelle an Kirchen und Parteien sind: Entscheidend ist, dass jeder Christ als „Botschafter an Christi statt“ (so Paulus) wirkt, versöhnt und Gutes tut. Es gibt eben sechs „Evangelien“: Matthäus, Markus, Lukas, Johannes, Sie und mich.
Pfarrer Helmut Matthies
idea-Vorstandsvorsitzender in Brandenburg an der Havel.
(März 2025)